Der Baldeneysteig bei Essen

Der Baldeneysteig ist nicht ganz 27 km lang und verläuft einmal um den Baldeneysee.
Wer möchte, kann ihn um vier „Seitenblicke“ erweitern, die zu besonderen Highlights führen: zur Korte-Klippe, durch Essen-Werden, zur Ruine Neu-Isenburg und durch die Siedlung Brandenbusch. Je nachdem welchen „Seitenblick“ man mitnimmt, kommen damit zur Hauptroute nochmal zwischen 1 km und 4 km dazu.

Der Baldeneysteig stand bereits seit Sommer 2022 auf meiner Liste, nun war er also fällig.
Die meisten Wanderer starten scheinbar in Essen-Werden, für uns bot sich wegen der Zugverbindung aber Essen-Kupferdreh an, was sich als sehr guter Startpunkt erwiesen hat. Von der Bushaltestelle zum Startpunkt sind es nur wenige Schritte. Unsererseits gibt es also eine Empfehlung dafür, die Runde in Kupferdreh zu beginnen.
Da wir mit dem Zug angereist sind, kann ich hier ausnahmsweise keine Parkplatzempfehlung geben, da müsst ihr im Zweifel selber schauen.

Nach dem ersten Abschnitt durch einen Park gelangt man bald zum Bahnhof der Hespertahlbahn. Wer mag (und zur passenden Zeit kommt), der kann von hier aus eine Fahrt mit der Museumsbahn bis nach Haus Scheppen und wieder zurück unternehmen. Das macht bestimmt riesig Spass, aber im Anbetracht der Länge des Baldeneysteigs haben wir dieses Mal darauf verzichtet. Vielleicht ergibt sich die Möglichkeit ja irgendwie nochmal.

Wenig später erreicht man bereits den See und wandert über eine sehr coole ehemalige Eisenbahnbrücke. Der Blick von der Brücke auf den See ist großartig! Entsprechend kann sich das Stück über die Brücke ein wenig in die Länge ziehen, weil man ständig rechts und links schaut. Falls ihr dabei spontan Lust bekommt, eine Runde Bötchen zu fahren: die Weiße Flotte hat ihre Anleger nicht weit entfernt.

Die Strecke wird nun bald grüner und es geht allmählich auch bergauf. Insgesamt 600 Höhenmeter sind auf der Runde zu bewältigen, was allerdings dramatischer klingt als es ist. Ich bin was bergauf angeht oft wirklich ein Nösterkopp, sage nach dem Baldeneysteig aber ganz ehrlich, dass ich ihn nicht als besonders anstrengend empfunden habe. Die Höhenmeter verteilen sich gut. Was sich weniger gut verteilt, das ist der Seeblick. Die Runde nimmt einen weiten Bogen vom See weg, sodass man ihn längst nicht immer sehen kann. Das ist schade.

Hafen Haus Scheppen

Die erste „Station“ auf dem Baldeneysteig ist Haus Scheppen. Früher ein Lehnhof der Abtei Werden, heute bei gutem Wetter unverkennbar ein beliebtes Ausflugsziel. Es gibt ein Restaurant und die Wassergräben dienen als Bootsanleger. Für eine Pause mit Bootegucken ist man hier genau richtig. In der Nähe ist der Bahnhof der Hespertalbahn und auch die erwähnte Weiße Flotte hat hier einen Anleger. Bei schönem Wetter ist bei Haus Scheppen aber der Teufel los!

Nun gelangt man in den eingangs beschriebenen weiten Bogen und damit ein gutes Stück weg vom See. Man wandert in mehr oder weniger regelmäßigem Auf und Ab zwischen Feldern und Wiesen hindurch, mal durch einen Wald, mal auf Asphalt. Eben die typische Wegemischung, wenn man im Ruhrgebiet unterwegs ist. Pörtingsiepen Schacht 1 ist dabei ein kleines Highlight, das außerdem mit einem Cache für die Dosenfreunde aufwartet. Die Dose ist nicht ohne und unter dem Code GC9HYBX zu finden.

Das Baumhaus auf dem Foto ist wahrscheinlich nicht für jedermann interessant, aber es lohnt einen näheren Blick. Es muss mal wirklich schön und für ein Baumhaus auch sehr aufwendig und hübsch eingerichtet gewesen sein. Heute wirkt es leider ziemlich vergessen und verlassen. Schade drum! Wenn ihr euch dort umschaut, seid vorsichtig. Dass euch etwas auf dem Kopf fällt, ist nicht ausgeschlossen.Das Haus ist halt leider schon sehr marode.

Der Bogen weg vom See hat -das muss man einfach so sagen- seine Längen. Es gibt zwar am Wegesrand hier und da etwas zu sehen, trotzdem kann sich die Strecke hier durchaus ziehen. Entsprechend waren wir froh als der See schließlich wieder in Sicht kam. Mit ihm zusammen auch der erste Blick auf das Stauwehr, über das man im weiteren Verlauf der Runde wandert. Es gibt an diesem Wehr einen Fischlift! Das ist tatsächlich ein echter Fahrstuhl für Fische, damit sie die Wasserspiegelldifferenz von ca 9 m überwinden können. Irgendwie cool und witzig!

Weiter führt die Route zum und durch den Heissiwald und über eine große Straße hinweg. Im Heissiwald gibt es ein Wildgehege, wo an unserem Wandertag leider fast gar nichts los war. Auf der tierischen Seite jedenfalls nicht. Zwei Stück Wild waren in ordentlicher Ferne zu erspähen, die restlichen Vierbeiner hielten scheinbar irgendwo versteckt Siesta. Wer mehr Glück hat, der bekommt am Zaun und auf der Aussichtsplattform bestimmt mehr Tiere zu sehen.

Zu dem Aussichtspunkt auf dem Foto oben führt der einzige etwas zünftigere Anstieg hinauf, aber es lohnt die Anstrengung. Der Blick hinunter auf den See ist herrlich, der auf den Stadtteil Essen-Werden aber auch. Man sieht hier mal wieder ganz deutlich, welch grüne Flecken das vermeintlich so graue Ruhrgebiet hat. Ich kann mich daran oft kaum satt sehen. Der Aussichstpunkt ist übrigens ideal für eine Pause mit tollen Sitzgelegenheiten.

Blick auf Essen-Werden

Von den vier „Seitenblicken“ haben wir nur die Siedlung Brandenbusch mitgenommen um die hübschen Häsuer dort zu bewundern. Wie wir es trotzdem statt auf 27 auf ganze 30 km gebracht haben, weiß ich nicht. In den Häusern der Siedlung Brandenbusch lebten früher Bedienstete der nahegelegenen Villa Hügel. Scheinbar wollte Familie Krupp ihr Personal immer auf Abruf in der Nähe haben. Für die schmucken Häuschen lohnt sich der kleine Schlenker durch die Siedlung. Sie sind wirklich urig und farbenfroh hergerichtet.

Siedlung Brandenbusch

Bis zur Villa Hügel ist es nun nicht mehr weit. Schon eine ganze Weile vorher hat man auf der Tour das imposante Gebäude im Blick und auch vor Ort ist es beeindruckend. Für € 5,00 kann man in die Villa hinein und den öffentlichen Teil anschauen. Von den insgesamt 269 Räumen auf der gesamten Wohn- und Nutzfläche der Villa sieht man dabei allerdings nur einen winzigen Bruchteil, das muss einem klar sein! Abgesehen davon konnte der Krupp’sche Wohnsitz uns auch sonst nicht so richtig überzeugen.

Selten habe ich auf eine an der Kasse freundlich gestellte Frage eine solch mürrische Antwort bekommen. Im Gebäude muss man seinen Rucksack in der Hand halten und darf ihn nicht auf den Rücken nehmen, ansonsten steht sofort jemand von den Angestellten vor einem und ruft einen zur Ordnung. Auch das geht freundlicher. Ich bin generell der Meinung, dass es Regeln geben muss und man sich daran zu halten hat. Inwiefern es besser ist, wenn ich mit dem Rucksack in der Hand gegen die Vertäfelung stoße, statt mit dem Rucksack auf dem Rücken, hat sich mir allerdings nicht erschlossen. Dass man durch solch ein Gebäude nicht trampelt wie der Elefant im Porzellanladen, versteht sich außerdem von selbst.
Insofern: Villa Hügel sollte man gesehen haben, der Umgang mit den Besuchern dort ist teils etwas rüde. Zweifellos, die Angestellten dort erleben bestimmt viel Ärgerliches mit den Gästen, aber es sind nicht alle Besucher so. Das sollte man abschätzen können.

Dezent desillusioniert von der so gespannt erwarteten Villa Hügel ging es auf dem Baldeneysteig nun bald in den Endspurt und damit in den Abstieg hinunter zum Seeufer. Dort angekommen bleibt die Strecke für die letzten ca. 3 km komplett flach. Außerdem liegen kleine Lokale am Wegesrand, was wir für einen Snack und etwas Kaltes zum Trinken genutzt haben. Auch das Fördergerüst Schacht Carl Funke 1 befindet sich in diesem Endspurt und lohnt einen eingehenderen Blick. Der Turm ist allerdings eingezäunt! Leider, aber verständlich.

Zurück bleibt ein gemischter Eindruck vom Baldeneysteig. Solange man den See im Blick hat, ist die Tour wirklich schön. Der See ist traumhaft. Der Bogen weg vom See hat wiederum auch Längen, die sich ziehen. Es gibt am Wegesrand eine Menge zu sehen, die Wegemischung ist typisch Ruhrgebiet gut, aber als Steig würde ich die Strecke nicht bezeichnen. Steige sind abenteuerlich. Auf dem Baldeneysteig hat man für keinen Meter einen abenteuerlichen Weg unter den Schuhen. Die 600 Höhenmeter verteilen sich gleichmäßig auf die 27 km und waren dadurch weniger anstrengend als befürchtet. Mit einer Bootsfahrt oder einer Bahnfahrt lässt sich die Tour ergänzen oder abkürzen. Wie attraktiv ein Besuch der Villa Hügel ist, hängt scheinbar von der Tagesform der Mitarbeiter dort ab.

Wenn du nach einer weiteren Tour mit Seeblick im Ruhrgebiet suchst, dann schau dir meine Wanderung vom Hengsteysee zur Ruine Hohensyburg an!

Informationen (Stand 07 / 2023)

Name: Baldeneysteig (GPX)
Start- / Zielpunkt: Busbahnhof Essen-Kupferdreh
Länge: ca. 27 km
Wanderwege, Waldwege, Asphalt
Stadt Essen, Hespertalbahn, Weiße Flotte Baldeney, Villa Hügel

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