Eine meiner Neuentdeckungen an Wandergebieten 2022 ist zweifellos das Ruhrgebiet.
Alles begann damit, dass ich die Haldenhopping-Tour aus der WDR-Sendung “Auf die Halden” nachwandern wollte.
Im August und Oktober habe ich Teil 1 und Teil 2 davon in Angriff genommen und danach zog es mich auch zwischendurch immer mal wieder in den überraschend grünen Pott.
Seitdem komme ich von der Region nicht mehr los.
Weil es natürlich noch viele Halden mehr zu entdecken gibt, stand nun also eine weitere Haldenhopping-Tour auf dem Plan.
Die Entscheidung fiel so spontan am Abend zuvor, dass ich auf die Schnelle nur zwei Halden miteinander kombiniert bekommen habe: die Halde Norddeutschland und die Halde Rheinpreußen.
Etwa 13,5 km sollten dabei zusammenkommen.
Mit dem Zug bin ich früh morgens nach Moers gefahren und mit dem Bus weiter bis Neukirchen-Vluyn zur Haltestelle Gewerbepark. Von dort sind es ca. 15 min Fußweg bis zur Himmelstreppe hinauf auf die Halde Norddeutschland. 359 Stufen. Kann man mal machen…
Oben angekommen erwartet den Wanderer eine wunderschöne Haldenlandschaft. Grün, leicht hügelig mit einer tollen Aussicht und vielen Wegen, auf denen man das Areal beim sogenannten Hallenhaus erkunden kann. Dieses skelettartige Bauwerk kommt bald in Sicht, wenn man die Treppe gemeistert hat. Es hilft immer, wenn man das Ziel bereits im Blick hat, wie ich finde. Da sind über 300 Stufen schnell vergessen.
Wie so viele Installationen auf den Halden im Ruhrgebiet ist auch das Hallenhaus ein Kunstwerk, gestaltet von einer Künstlergruppe aus den Niederlanden. Aus der Ferne wirkt es nicht besonders groß, doch mit einer stattlichen Höhe von 10 m an höchster Stelle ist es doch ganz imposant. Gefallen haben mir besonders die Schatten, die das Stahlgerüst wirft und welche ein spannendes Muster auf den Boden malen. Das Hallenhaus ist komplett begehbar und ich empfehle, einmal zur hinteren Kante des Sockels zu gehen und den Ausblick von dort zu bestaunen.
So früh am Morgen war an diesem Tag noch nicht viel los dort oben, sodass man sich in Ruhe umschauen konnte. Einige Spaziergänger und eine kleine Kampfkunstgruppe bei ihren Übungen, ansonsten war es geradezu idyllisch ruhig. Für eine Pause war es für mich hier oben eigentlich noch zu früh, aber bei dem Blick führte daran kein Weg vorbei. Bei gutem Wetter kann man ganz weit schauen. Über Neukirchen-Vluyn, Moers bis nach Duisburg. Und auch auf viel Industrie. Das muss man mögen, das gebe ich zu. Ich mag es.
Die Route führt auf angenehmen Wanderwegen wieder hinunter von der Halde. Zwischenzeitlich hat man dabei aus verschiedenen Richtungen nochmal interessante Blicke zurück zum Hallenhaus. Wie immer bei den Haldenhopping-Touren gilt: haltet die Augen und Ohren offen und meidet wo es geht die steilen Trails zwischen den breiten “Wanderschlingen”. Es kann sonst passieren, dass man Mountainbikern in die Quere kommt und das dürfte für beide Parteien übel enden. Die unten verlinkte Route führt selten über solche Trails, ganz habe ich es nicht vermeiden können, weil ich sonst ewig viel Umweg hätte laufen müssen.
Unten angekommen wandert man gemütlich zwischen Felden entlang und an einzelnen Höfen vorbei bis zur Brücke über die A57. Ich mag Autobahnen und kann jeden verstehen, der dort oben stehenbleibt und eine Weile auf den dahinflitzenden Verkehr hinunterschaut. Ich mache das auch jedes Mal. Wohin die Menschen in ihren Autos wohl gerade unterwegs sind? Was geht ihnen gerade durch den Kopf? Freuen sie sich auf ihr Ziel, oder eher nicht? Auch eine Autobahn kann die Phantasie auf Trab bringen.
Nachdem man eine Weile an einem Feld und einem Umspannwerk vorbeigewandert ist, gilt es eine kleine Schleife zu erwischen, die auf eine Brücke und einen erhöht liegenden Damm führt. Von der Breite her hat er mich sofort an eine Bahntrasse erinnert. Der Sache bin ich abends mit Freund Google nachgegangen. Es könnte sich um Teile der bereits vor dem 1. Weltkrieg geplanten und begonnenen Strecke Geldern-Meerbeck handeln, die nie vollendet wurde. In dem Artikel dazu ist von einer kreuzungsfreien Strecke die Rede, von der Form eines Damms, der Weg hinauf könnte früher auch als solcher gedacht gewesen sein und es stimmt auch, dass die Streckenabschnitte (man läuft später noch auf einem zweiten solchen Damm) Landschaftsschutzgebiete sind. Es gibt entsprechende Schilder.
Diese beiden Abschnitte scheinen nicht allzu viele Spazier- oder Gassigänger zu kennen, denn ich habe dort keine Menschenseele getroffen. Es war herrlich ruhig da oben und unglaublich grün. Man kann von den Wegen und Straßen unterhalb auch nicht gesehen werden und es gibt nur an wenigen Stellen Zugänge auf den Damm. Bei Wärme ist es angenehm schattig. Zwischen dem ersten und dem zweiten Damm läuft man kurz an einer großen Straße, danach taucht man sofort wieder in diese Ruhe ab.
Genießt diese Ruhe ausgiebig, denn anschließend wird die Route trubeliger. Man hat eine Straße an der Seite und ist auf einem kombinierten Rad- und Fußweg unterwegs in Richtung Halde Rheinpreußen. Die gibt sich nicht so leicht zu erkennen und ich dachte schon, ich bin irgendwo falsch gelaufen. Das Geleucht, das große, einer Grubelampe nachempfunde Denkmal oben auf der Halde, kommt tatsächlich erst in Sicht kurz bevor man es erreicht hat. Jedenfalls, wenn man aus dieser Richtung auf die Halde steigt.
Der Turm ist etwa 30 m hoch und der Entwurf stammt -wie könnte es anders sein- natürlich wieder von einem Künstler, nämlich von Otto Piene. An meinem Tag war das Geleucht leider geschlossen, es ist aber sonst durchaus begehbar. In der Nähe finden die Kollegen Geocacher uU GC8A5NE. Happy hunting! Außerdem gibt es hier oben mehrere Sitzgelegenheiten. Man kann es sich aber auch einfach auf der Wiesenfläche bequem machen.
Der Blick von dort oben macht einmal mehr sprachlos. Gefühlt blickt man quer über den ganzen Pottt. Im Hintergrund ist der Rhein, zu erkennen, davor einige richtig coole Brücken (die ich mir bei anderer Gelegenheit unbedingt anschauen muss), Industrieanlagen und am Fuße der Halde der traumhafte Waldsee. Ich bin immer noch hin und weg. Auch das ist natürlich wieder eine Aussicht, die leicht Special Interest ist. Ich kann es nur immer wieder sagen.
Der Weg hinunter von der Halde verläuft lange auf der gleichen Strecke, auf der man heraufgekommen ist. Sicher ist das auch anders möglich, für mich war es so einfach praktisch, zumal ich zu einer bestimmten Bushaltestelle wollte bzw musste. Zuvor ist noch ein kurzer Abstecher zum Waldsee eingebaut. Ich muss aber sagen, dass mir dem Blick von oben auf den See besser gefallen hat. Da sieht man ihn deutlich besser.
Haldenhopping No. 3 bietet zwar nur zwei Halden, doch die lohnen defintiv den Besuch. Sowohl das Hallenhaus, als auch das Geleucht sind ganz klar sehenswert. Die Aussichten punkten einmal mehr mit einer Kombination aus Natur und Industrie, was den Charme der Region ausmacht. Man ist zwar auch dieses Mal oft auf Asphalt unterwegs, dafür sind die Wandwege auf die Halden bequem zu gehen und die beiden Abschnitte auf den ehemaligen Bahndämmen (?) bieten sogar etwas Waldfeeling mit weichen Wegen.
Irgendwann diesen Winter wird wohl mal ein Haldenhopping über Nacht anstehen. Ich möchte die Installationen auf den Halden unbedingt auch mal beleuchtet sehen. Als wäre die Liste nicht schon lang genug…
Informationen (Stand 10 / 2022)
Name: Haldenhopping No.3 -Norddeutschland & Rheinpreußen (GPX)
Startpunkt: Zur Himmeltreppe, 47506 Neukirchen-Vluyn
Zielpunkt: Bushaltestelle Orsoyer Allee, 47445 Moers
größtenteils Asphalt, Anstiege moderat
Halde Norddeutschland, Halde Rheinpreußen, Bahnstrecke Geldern-Meerbeck